Seit Gründung unserer Schule ist das Miteinander von Kindern in all ihren Unterschiedlichkeiten ein zentrales Anliegen. Individuelle Begabungen und Besonderheiten sollen dem Kind nicht im Weg stehen, sondern als Bereicherung im Schulalltag ihren Platz haben.
Das Legasthenieprojekt an unserer Schule steht seit 1990 den Kindern zur Seite, die beim Übergang von der Grundschule zum Gymnasium Schwierigkeiten im Lesen und Schreiben aufweisen. Häufig haben die Kinder diese Schwierigkeiten schon im Grundschulbereich gezeigt, oft fehlen jedoch entsprechende Fördermaßnahmen.
Das Projekt wurde 1989 von Frau Keunecke, unserer damaligen Schulleiterin, initiiert. Sie hatte beobachtet, dass immer mehr Kindern beim Übergang von der Grundschule zum Gymnasium Schwierigkeiten im Lesen und Schreiben hatten. Für diese Kinder sollte ein Förderkonzept entwickelt werden. Bis heute ist daraus ein Projekt geworden, in dem in jedem Schuljahr mehr 50 Schülerinnen und Schüler innerschulisch gefördert und begleitet werden.
Die Gruppenförderung findet in den Jahrgangsstufen 5 bis 9 statt, Oberstufenschüler erhalten individuelle Beratung und werden bis zum Abitur erfolgreich begleitet. Diese Tatsache führt dazu, dass das ÖG immer häufiger bewusst von Eltern legasthenischer Kinder mit gymnasialen Qualitäten ausgewählt wird.
In den ersten Wochen in der 5. Klasse bemerken die Deutsch- und Klassenlehrerinnen und -lehrer regelmäßig, dass das eine oder andere Kind größere Probleme mit der Schriftsprache hat und geben den Eltern eine entsprechende Rückmeldung.
Ein Rechtschreibtest gibt Aufschluss
Nach einigen Monaten absolvieren dann alle 5. Klassen einen Rechtschreibtest, der uns Aufschluss darüber gibt, ob ein Kind eher mit schwachen Rechtschreibkenntnissen von der Grundschule kommt, oder ob wir von einer sogenannten Teilleistungsschwäche ausgehen können. Wir fassen die unterschiedlichen Phänomene von besonderen Schwierigkeiten im Umgang mit der Schriftsprache unter dem Begriff Legasthenie zusammen. Nur in diesen Fällen wird den Eltern für ihre Kinder eine spezielle Förderung, zum Beispiel die Teilnahme am Legasthenie-Projekt, empfohlen.
Die Kinder arbeiten in Kleingruppen in jeweils ein bis zwei Randstunden pro Woche. Die Arbeitszeit beträgt zunächst dreißig Minuten, damit der Unterschied zur Schulstunde auch zeitlich klar ist. Später werden die Zeiten erweitert und die Stunden gebündelt, wenn die Kinder dies wünschen. Dies geschieht meist nach dem ersten Förderjahr.
Das Kind steht im Fokus
Im Fokus der Förderarbeit steht die ganze Person des Kindes, nicht der Fehler in der Rechtschreibung. Es ist einleuchtend, dass ein kleiner Mensch seelisch nicht wachsen kann, wenn sich wiederholende Misserfolge zu ständigen Demütigungen führen. Deswegen haben wir uns gleich in den ersten Jahren des Projektes dazu entschieden, für diese Kinder die Rechtschreibnote in allen Fächern auszusetzen. Damals war nicht abzusehen, welche Schwierigkeiten die sich ständig ändernden Rechtschreibregeln auch den Schülerinnen und Schülern bereiten werden, die eigentlich „recht“ schreiben können.
Ein entspanntes Selbstbewusstsein sollten also nicht nur, aber besonders Kinder haben, denen Lesen und Schreiben nicht leicht fällt: Sie erlernen verschiedene Entspannungstechniken und Strategien zur Aufmerksamkeit und Selbststärkung. Mit Phantasiereisen gelangen sie an Orte, die sie als persönliche Kraft- und Ruheplätze schätzen und pflegen lernen. Die Ruhe- und Entspannungsarbeit ist nach einem fünf- oder sechsstündigen Unterrichtstag manchmal schon ein Abenteuer. Die Kinder wollen toben, spielen, „Dampf ablassen“. Erfolge und Misserfolge, schöne Erlebnisse und angestauter Ärger wollen ausgedrückt werden. Sie wissen, dass das, was sie im Förderraum zum Ausdruck bringen, unter uns bleibt, dass der Förderraum ein Raum des Vertrauens und der Verschwiegenheit ist.
Individuelle Übungen
Die Rechtschreibübungen verlaufen innerhalb der Gruppe individuell, die Kinder erarbeiten also parallel unterschiedliche Bereiche der Rechtschreibung und der Zeichensetzung. Dabei gibt es natürlich häufig Überschneidungen, so dass die Kinder auch gemeinsam oder zeitversetzt mit denselben Übungen zu tun haben. Die handschriftlichen Übungen werden durch computergestützte Spiele ergänzt.
Zusätzlich haben die Kinder die Möglichkeit ihre gestalterischen Fähigkeiten zu nutzen, indem sie durch das plastische Gestalten grammatischer Phänomene wie Wortarten oder Satzstrukturen und ihrer Bedeutungen ein Modell anfertigen, welches sie dann als inneres Foto abspeichern können. Diese Methode nutzt die besonderen Talente der Kinder, die sich im bildhaften, kreativen und schöpferischen Ausdruck widerspiegelt.
In den ersten Jahren steht der spielerische Umgang mit der Sprache im Mittelpunkt, es werden zum Beispiel Geschichten erfunden und dabei schwierige Wörter geübt oder Kreuzworträtsel erstellt, die bestimmte Rechtschreibprobleme zum Thema haben. Bei den Älteren werden vor allem auch Strategien zu Textgliederung, Interpretation und Erörterung wichtig. Auch das laute Lesen bereitet selbst den älteren Schülern oft genug noch unangenehme Situationen, als Konsequenz werden sie immer leiser oder lesen gar nicht mehr vor. Nicht ständig bei Fehlern ertappt zu werden und trotzdem laut vorzulesen, lässt da im geschützten Raum so manchen Knoten sich vorsichtig öffnen.
Klassenarbeiten und Tests besonders, aber auch ganz alltägliche Unterrichtssituationen, in denen mit Texten gearbeitet wird, lösen beim Legastheniker häufig Angst und Stress aus: Die Tafel ist vollgeschrieben, der Lehrer diktiert weiter, weil die Klasse schon unruhig wird, die Wiederholung für die Klassenarbeit wird weggewischt, weil es in die Pause geht. Diese Alltagsrealität und die unterschiedlichen Erscheinungsformen der Legasthenie fordern eine feinfühlige Wahrnehmung der Lehrer, Lehrerinnen und Eltern und die Bereitschaft, sich geduldig und respektvoll auch auf diese Kinder einzulassen und sie auf ihrem Weg zu begleiten und zu unterstützen.
Aber auch die Mitschülerinnen und Mitschüler sind in ihrer Geduld oft gefordert: Warum ist es bei mir eine mangelhafte Leistung, was bei ihm oder ihr nicht bewertet wird? Auch hier sind es vor allem die Lehrerinnen, Lehrer und Eltern, die beherzte und nachvollziehbare Antworten geben können und so ein Schulklima schaffen, in dem junge Menschen wachsen und reifen können und mögen.
Ein Projekt in Bewegung
Das Legasthenie – Projekt verstehen wir als eine „Arbeit in Bewegung“, die Eltern, Schüler und Lehrer gemeinsam gestalten. An den Elternabenden, die sich mit Themen rund um die Legasthenie und die Schule beschäftigen, nehmen beratend auch immer wieder ehemalige Schüler teil. Darüber hinaus werden Fachreferenten und -referentinnen eingeladen, die neue oder veränderte Sichtweisen in den Elternkreis, das Förderprojekt und damit in unsere Schule tragen.
Der aktuelle LRS-Erlass (Stand : 01.02.2010) kann hier eingesehen werden.
Das Ökumenische Gymnasium praktiziert seit Jahren ein bewährtes Förderkonzept, um Schülerinnen und Schülern im Fach Mathematik bei der Bewältigung von Defiziten zu unterstützen. Dabei wird das Konzept nach Schulstufen differenziert angewendet:
Zu Beginn des fünften Schuljahres wird nach einigen Wochen für alle neu an das ÖG gekommenen Kinder eine Online-Diagnose durchgeführt. Dieses Instrument prüft das Verständnis der natürlichen Zahlen, einfacher Maße, der Grundrechenarten und einfacher Textaufgaben, deren Grundlagen am Schluss von Klassenstufe 4 gelegt worden sein sollten. Nach Auswertung werden dann die Eltern zu einem Elternabend eingeladen, deren Kinder in der Diagnose Schwächen gezeigt haben, die sie möglicherweise nicht selbst zu verantworten haben, sondern im Unterrichtsausfall o.ä. begründet sind.
Nach individueller Beratung und unter Hinzuziehung unserer Schulpsychologin wird dann ein Förderunterricht angeboten. Dieser Unterricht findet am frühen Nachmittag statt (i.d.R. 7. Std.) und wird von einer Lehrkraft betreut, der in ständigem Kontakt mit den Fachlehrern steht. Ziel ist es, Verständnisprobleme und Lücken so früh wie möglich zu schließen. Dabei ist die Förderung nicht als Dauer(nach-)hilfe gedacht.
Darüber hinaus besteht seit nunmehr zwei Jahren in den Klassen 5 und 6 in den Hauptfächern Deutsch, Englisch und Mathematik eine der fünf Unterrichtsstunden aus Halbgruppenunterricht, so dass bei nur ca. 13 Schülerinnen und Schülern hier eine gezielte individuelle Beratung und Förderung leichter möglich ist.
Die Diagnostik für einen Förderungsbedarf ab Klasse 6 findet im Regelunterricht statt und wird institutionell in den Zeugniskonferenzen im Januar und am Schuljahresende sowie durch sog. Förderkonferenzen im November und im April in den Klassenkonferenzen besprochen. Auch für die Klassenstufen 6 bis 9 wird dann ein Förderunterricht am Nachmittag angeboten, der wie auch in Klasse 5 von den Eltern bezahlt werden muss.
Für die betreuenden Kräfte existiert eine umfangreiche Sammlung von Übungsmaterialien, sodass im Förderunterricht nicht nur dafür gesorgt wird, dass eine Mitarbeit am aktuellen Unterrichtsstoff wieder besser möglich wird, sondern auch strukturelle Hilfen im Hinblick auf das selbstbestimmte Lernen gegeben werden können („Das Lernen Lernen“, Lernstrategien entwickeln). Einzelne Themenbereiche werden wiederholt, vertieft und mit unterschiedlichen Arbeitsformen eingeübt. Somit sind die Organisationsformen und Inhalte den Bedürfnissen der verschiedenen Klassen angepasst und flexibel, damit sie eine individuelle Förderung ermöglichen.
Da die Ursachen einer – zeitweisen – Mathematikschwäche oft vielschichtig sind, findet in jedem Fall eine gründliche Absprache aller beteiligten Kräfte – Lehrer, Eltern, Schulpsychologin – statt, um ggf. auch eine Überforderung der Schülerin bzw. des Schülers zu vermeiden. So ist z.B. häufig die Teilnahme an einem Konzentrationstraining eher angeraten.
Eine Förderung bei diagnostizierter Dyskalkulie ist am Ökumenischen Gymnasium nicht möglich, da diese spätestens nach Klasse 3 der Grundschule beginnen muss.
Das ÖG-Kollegium hat ein integratives Konzept zur Begabungsförderung erstellt, das seit dem Schuljahr 2002/03 ständig weiterentwickelt wird.
1. Was ist eine hohe Begabung?
Begabung ist mehrdimensional, das heißt, sie erstreckt sich nicht nur auf die intellektuelle Fähigkeit, sondern umfasst auch kreative, künstlerische und soziale Kapazitäten. Sie ergibt sich aus individuellen Anlagen, also aus einer angeborenen Disposition für besondere Leistungen im Zusammenwirken mit der vom Kind jeweils durchlaufenen Sozialisation. Von besonderen Begabungen wird gesprochen, wenn Schülerinnen und Schüler in bestimmten Bereichen in ihrer geistigen oder motorischen Entwicklung den Altersgenossen deutlich voraus sind.
Begabungsförderung ist Persönlichkeitsförderung. Es ist, nach unserer Auffassung, Aufgabe der Gesellschaft, besondere Begabungen zu fördern und Aufgabe der Schule, die Persönlichkeit von begabten Kindern durch eine geeignete Lernumgebung und Förderung zu entwickeln. Wenn eine hohe Begabung nicht erkannt und gefördert wird, können Kinder im ungünstigsten Fall zu Schulversagern und Leistungsverweigerern werden.
2. Warum Begabungsförderung im ÖG?
3. Wen betrifft die Förderung?
Nicht nur hochbegabte Kinder (IQ ab 130), sondern auch hochleistende Kinder profitieren von der Förderung. Zu bedenken ist ebenfalls, dass neben intellektuellen Fähigkeiten Kreativität und besonders die Motivation eine entscheidende Rolle spielen, damit sehr begabte Kinder ihr Potential entfalten können. In der Begabungsförderung geht es uns darum, Schülern stimulierende Angebote zu unterbreiten und Unterforderung vorzubeugen. Da Begabungsprofile individuell sehr unterschiedlich sein können, versuchen wir, in verschiedenen Bereichen Zusatzangebote zu machen.
4. Wie ermitteln wir sehr begabte Kinder?
Einige Kinder, die bei uns angemeldet wurden, sind bereits als hochbegabt getestet worden. Alle Kinder der 5. Klassen nehmen innerhalb der ersten Monate an einem standardisierten Mathematik- und Rechtschreibtest teil. Bis zu den Herbstferien liegen auch die Ergebnisse der ersten Klassenarbeiten vor, sodass differenzierte Angaben zu den Kindern gemacht werden können. Auch in höheren Jahrgängen werden auf Konferenzen und in informellen Gesprächen Fördermöglichkeiten erörtert.
5. Prinzipien der Förderung
Wir haben uns für ein integratives Modell der Förderung entschieden, dass im Wesentlichen auf den Prinzipien der Akzeleration und des Enrichment beruht. Als Enrichment-Maßnahme bieten wir allen Kindern der Jahrgänge 5 bis 7 die Teilnahme an speziellen Arbeitsgemeinschaften an: beispielsweise Astronomie in Klasse 5, Mathematik in 6 und 7 (Vorbereitung auf die Mathe-Olympiade). Weitere Enrichment-Kurse, die auch anderen Schülern offen stehen, sind Komposition, Theaterspielen in der Fremdsprache, Geigengruppenunterricht und zusätzliche Fremdsprachen, naturwissenschaftliche Gruppen (wie Jugend forscht oder Physik). Die Kursthemen ändern sich in jedem Schuljahr; wir halten aber an dem Prinzip fest, sowohl wissenschaftliche als auch künstlerische Fächer anzubieten. Unter Akzeleration versteht man hingegen die Möglichkeit, Klassen zu überspringen.
Seit dem Schuljahr 2011/2012 gibt es auch eine MINT-Klasse, die in besonderer Weise begabungsfördernd betreut wird. Mehrere Kollegen haben inzwischen eine Weiterbildung bei eVOCATIOn absolviert.
6. Weitere Maßnahmen
Schüler
Lehrkräfte
Abiturdurchschnitt 2023
Das ÖG ist eine lebendige Schule, die sich besonders durch ein klares Profil und eine große Vielfalt pädagogischer Angebote auszeichnet.
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